Dieser Blogpost handelt von meiner Atlantikreise mit der SY Lisa und wurde vom alten Blog (sy-lisa.ch) übernommen.

Wir fahren von Utah gen Osten nach Colorado. Erstaunlich, wie sich in nur 5 Stunden Autofahrt die Landschaft so ändern kann (das ist Europa natürlich auch so, aber von Amerika sind wir es jetzt gewohnt, dass sich auch mal 2 Tage lang nichts ändert). Als wir in Frisco in den Rocky Mountains aus dem Auto steigen, stellen wir fest: Die Flipflop-Zeit ist vorbei. Ach, wie wir uns freuen, dass wir endlich nicht mehr schwitzen müssen. Tagsüber ist hier die Temperatur richtig angenehm mit 23 Grad, aber sobald die Sonne weg ist, kühlt es schnell auf unter 10 Grad ab. Wir sind eben in den Bergen! Anders als in den Alpen liegen die Ortschaften hier sehr hoch, und um ins Skigebiet zu gelangen, muss man nicht mit einer Gondel fahren, sondern einfach mit dem Sessellift. Aber da momentan Sommer ist, sieht es hier eigentlich aus wie in Bayern, Österreich, oder der Schweiz. Wir spazieren um Bergseen, schneebedeckte Gipfel im Hintergrund und bunte Wildblumen im Vordergrund.

2 Tage verbringen wir in Frisco, gehen golfen und wandern und abends in den warmen Whirlpool. Wir fahren ein Tal weiter und bleiben 4 Tage in Winter Park. Wie der Name schon sagt, ist dieser Ort im Winter hauptsächlich ein Skigebiet. Vor allem, da es nicht einmal 2 Stunden von Denver aus ist, kommen hier am Wochenende viele Leute zum Entspannen aus der Grossstadt. Auch hier wandern wir viel und entspannen. Wir sind einfach mal froh, dass wir nicht jeden Tag 300 km fahren, und dass es um uns herum nicht lauter Nationalparks gibt, die wir angucken “müssen”. Klar, das ist Klagen auf hohem Niveau, aber wir sind mittlerweile etwas reisemüde, und unser Wunsch, neue Dinge zu sehen, ist derzeit ziemlich gesättigt. Deshalb ist diese Auszeit in den Bergen genau das richtige, und nach einer Woche hier können wir mit neuer Energie an Region um Denver gehen.

Da wir die ewigen Motels und Hotels satt haben, wagen wir nördlich von Denver, im Örtchen Longmont, das erste Mal etwas neues: Wir buchen uns ein Zimmer über AirBnB. Bei AirBnB können Privatanbieter einzelne Zimmer oder Abschnitte ihres Hauses zur Vermietung anbieten. Wir wohnen 3 Tage lang bei einer Familie mit 2 Kindern im Souterrain und bekommen morgens köstliches Frühstück serviert, bevor wir die Umgebung erkunden.
Denver und dessen Umgebung in Colorado ist so ziemlich der liberalste Teil der USA, was mal eine nette Abwechslung nach den konservativen Südstaaten ist. Colorado hat zum Beispiel als erster Staat das Kiffen legalisiert und scheint auch sonst dem Rest voraus: die Menschen machen einen fitteren Eindruck; viele der gesunden Fastfoodketten sind hier gegründet worden. Und Boulder ist bekannt als die Alternativo-Hochburg von Colorado! Herrlich dieser Ort – es erinnert uns sehr stark an Europa. Hier gibt es – man glaubt es kaum – eine Fussgängerzone! Wir essen zu Mittag an einem Tisch draussen und haben so einen guten Ausblick auf all die Birkenstockträger und Outdoorfreaks. Klar, es gibt hier vielleicht mehr Obdachlose, die Schilder mit der Aufschrift “Will work for weed” durch die Gegend tragen, aber irgendwie ist uns dieser Ort sympatisch. Wir besuchen in Boulder ausserdem die Fabrik vom Teehersteller Celestial Seasonings, ein echtes Erlebnis (besonders der Raum, in dem die Pfefferminze aufbewahrt wird, wird uns wohl noch eine Weile in Erinnerung bleiben!). Die Menschen in Colorado sind erpicht auf gesunde, nachhaltige Produkte und vor allem aufs Individuelle. Das erklärt auch, warum jeder kleine Ort seine eigene Mikrobrauerei hat, denn keiner hat mehr Lust, Coors oder Bud Light zu trinken. Also auch immer schön, wenn man neue Biersorten (z.B. Milk Stout) probieren kann.

Als nächstes erkunden wir Denver, und auch hier sind wir wirklich überrascht! Wir haben eine typische amerikanische Grossstadt erwartet, stattdessen treffen wir auch hier auf eine Fussgängerzone mitten zwischen den Hochhäusern. Dahinter eine Strasse mit Backstein-Reihenhäusern und hübschen Restaurants. An Denver und der Umgebung fällt uns extrem auf, dass sich viel mehr Menschen draussen aufhalten, und sei es nur, um einen Take-Away-Salat in der Mittagspause zu essen.

Unsere Zeit in dieser schönen Gegend geht viel zu schnell vorbei, aber wir haben schon die nächste AirBnB Unterkunft in der Nähe vom Yellowstone Nationalpark gebucht. Sieben Stunden lang fahren wir bis nach Dubois im Südwesten vom Yellowstone. Auf der Fahrt sehen wir teilweise stundenlang kein Haus und auch nur wenige Autos. In Dubois, einem 900-Seelen-Ort, haben wir die Souterrain-Wohnung in einem Haus direkt am Fluss gebucht. Schön, das erste Mal seit Beginn des Roadtrips wieder mal was Richtiges kochen zu können! Wir verbringen eine Woche in dieser Wohnung, um einfach mal einen Gang runter zu schalten. Von hier aus erkunden wir den Grand Teton Nationalpark und natürlich auch den bekannten Yellowstone. Der Grand Teton Nationalpark hat ein tolles Bergpanorama, ähnlich wie die Dolomiten. Hier sehen wir einen Elch! Da man so viel von der grossen Tierwelt hört, machen wir kein Photo, weil wir denken, das sei bestimmt der erste von vielen, aber leider bleibt es bei diesem einen. Was uns noch mehr überrascht: an unserem ersten Tag im Yellowstone sehen wir ausser ein paar Eichhörnchen keine Tiere. Dafür natürlich viele eindrucksvolle Geysire und heisse Quellen. Leider aber auch eine grosse Ansammlung von Asiaten. Etwas ernüchtert fahren wir wieder in unsere Ferienwohnung und fragen uns “Kann es das jetzt gewesen sein?”. Nein, entschliessen wir, und am übernächsten Tag klingelt bei uns um 3 Uhr morgens der Wecker. Um 3:30 sitzen wir im Auto und pünktlich zum Sonnenaufgang sind wir im Hayden Valley im Yellowstone. Trotz der Frühe sind wir auch hier nicht allein, aber nur eine Handvoll Autos hat es zum Tieregucken hierher geschafft. Wir sehen ganze Herden von Bisons, die friedlich grasen oder mit ihren Jungen über die Wiesen trotten. Einige Bullen verirren sich auf die Strasse und bleiben in der Mitte stocksteif stehen. Da kann es schonmal eine halbe Stunde dauern, bis man weiterfahren kann.

Danach fahren wir noch weiter nach Norden zum Grand Canyon of the Yellowstone und sind auch hier noch fast alleine. Wir fahren noch weiter ins Lamar Valley, wo es noch mehr Tiere geben soll, aber es bleibt bei Bisons. Bis zum Schluss geben wir die Hoffnung nicht auf, noch einen Blick auf einen Bären oder Wolf zu erhaschen. Als es voll wird, machen wir uns um 10 Uhr auf nach Hause. Wir sind froh, dass wir so früh aufgestanden sind, es hat sich durchaus gelohnt.

Eigentlich hatten wir geplant, von hier aus weiter nach Montana zu fahren. Bis in den Glacier Nationalpark sind es aber weitere 10 Autostunden, und was kommt danach? Bis Chicago erstmal nichts. Wir planen um: Mit dem Auto gehts zurück nach Denver, von hier aus fliegen wir bald nach New York und erkunden dann noch New England. Gletscher-Gucken machen wir dann Zuhause, und verbringen stattdessen die restliche Zeit an unserem Lieblingsort: dem Meer.