Dieser Blogpost handelt von meiner Atlantikreise mit der SY Lisa und wurde vom alten Blog (sy-lisa.ch) übernommen.

Nach einer Nacht in St. Augustine heisst es für uns gleich: Weiter geht’s! Denn es ist guter Wind angesagt, der schon ein paar Tage später zu stark werden soll, also sollten wir bis dahin in Beaufort in North Carolina sein, wo wir in den Intracoastal Waterway (ICW) einfahren möchten, um den restlichen Weg bis zu Lisas Lagerplatz in Binnengewässern zu fahren. Wir segeln mittags los, 390 Meilen sind es von St. Augustine bis nach Beaufort, mit dem Golfstrom sollten wir es also bis ungefähr mittags 3 Tage später nach Beaufort schaffen. Anfänglich hilft uns der Golfstrom noch gut, aber irgendwann biegt er ab und wir werden langsamer. Der Wind schläft teilweise auch ein, also müssen wir einiges motoren. Dennoch schaffen wir es sogar in weniger als 72 Stunden nach Beaufort.

Eigentlich wollen wir in Beaufort in eine Marina und dort erst einmal entspannen, aber der Ort sieht nicht so charmant aus, und die Marinas sind sehr teuer, sodass wir beschliessen, noch ein kleines Stück den Intracoastal Waterway hochzufahren und uns dort einen Ankerplatz zu suchen. Aus einem “kleinen Stück” werden am Ende 40 Meilen! Es fährt sich easy und entspannt auf dem ICW, auch wenn man immer gut aufpassen muss, dass man schön im Fahrwasser bleibt. Denn ausserhalb vom ausgebaggerten Fahrwasser ist das Wasser oft nur 30 Zentimeter tief, und man kann nicht, wie auf offenem Gewässer, mal eine halbe Stunde nach unten gehen – nicht mal 2 Minuten. Am ersten Tag haben wir fast keine Brücken zu passieren, doch je näher wir Norfolk kommen, desto mehr Brücken gibt es. Viele sind 65 Fuss hoch, aber andere müssen extra für uns geöffnet werden. Dann müssen wir den Brückenwärter anfunken und bitten, dass die Brücke geöffnet wird, was manchmal ein oder zweimal die Stunde gemacht werden kann, während dem Berufsverkehr aber auch mal gar nicht. Das Gebiet erinnert uns sehr an die holländischen Binnengewässer, mit den engen Fahrwassern und vielen Brücken. Die meiste Zeit müssen wir motoren, aber manchmal können wir auch die Genua als Unterstützung setzen.

Und auch wenn wir nicht gerne motoren, und das Warten auf die Brückenöffnung auch mal nerven kann, trotzdem hat uns die Natur am Intracoastal Waterway super gefallen. Teilweise ist es sumpfig, teilweise stehen hohe Bäume direkt neben dem engen Kanal. Wir sehen viele Vögel und sogar Delfine, die sich ins Landesinnere verirrt haben. Manchmal fährt man durch Ortschaften, aber die meiste Zeit ist man fernab von Zivilisation. Und da die Hauptreisezeit vorbei ist, treffen wir nicht viele andere Segler und Motorbootfahrer, sodass wir an den Ankerplätzen meistens alleine sind.

Eigentlich also traumhaft…Wäre da nicht jede Nacht ein Gewitter! Man schläft einfach nicht sonderlich gut, wenn Lisas Mast weit und breit das höchste Objekt ist. Und dazu kommt das Ungeziefer, das einem schon tagsüber die gute Laune verderben kann. Dabei sind Flugobjekte, die wir noch nie gesehen haben, und die wirklich gemein stechen und beissen oder einfach ekelig anzusehen sind. Noch viel schlimmer ist es aber nach einer regnerischen Nacht, wenn zigtausende Mücken Unterschlupf unter Lisas Sprayhood gesucht haben. Da verbringt man schonmal die ersten 2 Stunden am Tag damit, die Tiere zu töten und dann das ganze Schiff zu putzen und die Mückenleichen zu entsorgen.

Als wäre das nicht genug, streikt ein paar Tage vor unserem Ziel zuerst der Plotter und dann auch noch der Autopilot. Als wir abends in Great Bridge in Virginia an einem kostenlosen Dock festmachen können, gehen wir zum ersten Mal seit Fort Lauderdale in einen Supermarkt und kaufen einen Bottich Ben&Jerrys Eis, als Trost und als Ermunterung für die letzten 2 Tage fahren. Am nächsten Tag fahren wir durch Norfolk in Virginia, wo wir Kriegsschiffe aller Art bestaunen und zahllose Brücken passieren. Hier endet auch der Intracoastal Waterway und mündet in die Chesapeake Bay. Nördlich von Norfolk ankern wir, um am nächsten Tag die letzen 40 Meilen bis nach Deltaville pünktlich antreten zu können. Da hören wir plötzlich über Funk eine Tornado-Warnung für die Region – na super! Wir überlegen kurz, beschliessen dann, trotzdem vor Anker zu bleiben, da der Ankergrund sehr gut ist und die Bucht ziemlich geschützt. Übers Handy beobachten wir die Radarbilder und stellen so fest, dass nur ein starkes Gewitter und Starkwind für kurze Zeit über uns hinweg ziehen, abgesehen davon haben wir unsere Ruhe.

Der nächste Tag ist unser letzter Segeltag mit der Lisa, und es sind perfekte Konditionen – 15 bis 20 Knoten, wenn auch mit Böen bis zu 30 Knoten, halben Wind und wir schiessen nach Deltaville. Hier gehen wir, da die Marina schon geschlossen ist, noch eine letzte Nacht vor Anker, trinken einen Rumpunch als Sundowner, hören Bob Marley und lassen die schönsten Zeiten unserer Reise Revue passieren.
Nachdem wir das Boot aufgeräumt und geputzt haben, wird Lisa mit dem Travellift aus dem Wasser gehoben und an Land geparkt. Wir organisieren uns einen Mietwagen für die nächsten 2 Monate Roadtrip und räumen unsere Sachen in den Wagen, und kümmern uns um Plotter und Autopilot, bis wir den Abschied von der Lisa nicht weiter hinauszögern können.