Aktuell stecke ich mitten in meiner zweiten Refit-Saison, mit meinen Videos bin ich aber nun am Ende meiner ersten 8 Monate Refit. Bevor Biber ins Wasser konnte, habe ich noch einige weitere Projekte in Angriff genommen – zum Beispiel ein kompletter Motorenrefit: neue Dichtungen, Dichtflächen plan schleifen, neue Kolbenringen, Vergaser reinigen, neue Schläuche und ein paar korrodierte Teile auf der Drehbank neu machen. Zusätzlich dazu ein neues Seeventil, Rumpf polieren und wachsen, neues Kabel im Mast, Propeller polieren, Winschen warten, und ein neuer gespleisster Bojenstropp. Die Refitsaison war also ordentlich vollgepackt und teilweise ziemlich crazy. Was ich daraus gelernt habe, für die nächste Refitsaison und für mich als Mensch, das erfahrt ihr in diesem Video.

Hier also meine „Lessons learnt“ nach 8 Monaten Refit:

Erkenntnis Nummer 1: Alles dauert länger, als man denkt … selbst mit eingeplantem Puffer.

Ich habe hunderte kleinere und auch grössere Projekte in Angriff genommen. Das Bindende waren hierbei natürlich die grossen Projekte und die Verzögerungen, die dort passiert sind. Eine zerstörte Gelcoatlieferung, ein Schaden, der viel grösser ist als ursprünglich gedacht, oder auch ein Projekt, was komplexer ist als ursprünglich gedacht. Je weiter jedoch der Frühling voran schritt desto knapper wurde die Zeit, und ich war mir in der Zwischenzeit wirklich nicht sicher, ob wir’s in diesem Sommer überhaupt noch aufs Wasser schaffen würden. Ich wurde also immer gestresster und so ist auch das Filmen in der Zeit in den Hintergrund getreten und ich habe oft tagelang einfach durchgearbeitet.

Erkenntnis Nummer 2: Hilfe annehmen ist okay.

Je später es wurde, desto mehr hat Marc mir auch unter die Arme gegriffen. Ich bin ja schon eher eine, die Sachen ganz gerne alleine macht und selber macht, aber ich habe dann mit der Zeit auch erkannt, dass es okay ist, Hilfe anzunehmen, und dass das kein Zeichen von Schwäche ist, sondern eher ein Zeichen von Vernunft.

Erkenntnis Nummer 3: Refit ist anstrengend. Verdammt anstrengend.

In der Zeit zwischen März und Anfang Juli habe ich eigentlich gar nichts mehr gemacht ausser im Büro gearbeitet und an Biber irgendetwas geschliffen, gepinselt, geharzt, poliert und gefräst. Ich konnte in der Zeit nicht mal mehr joggen gehen, was ich sonst regelmässig mache, einfach weil ich körperlich so erschöpft war. Meine Finger waren wegen der ganzen Lösungsmittel völlig vertrocknet, es hat überall gejuckt wegen der Glasmatten, und ich habe die Mischung aus Sonnencreme, Schweiss und Staub selbst beim Duschen kaum wieder weg bekommen. Ist ja auch egal, am nächsten Tag wird man eh wieder dreckig.

Erkenntnis Nummer 4: So viel Zeit für Recherche wie für Refit einplanen

Aber nicht nur das Arbeiten am Boot hat extrem viel Zeit gefressen, sondern auch alles drum herum. Für jedes neue Projekt muss man extrem viel recherchieren. Hierfür eignen sich Bücher, Videos und auch Foren. Aber bei allen Quellen gilt es, dass man das hinterfragt, was man erfährt. Denn fragt man 50 Leute, bekommt man auch 50 Antworten. Und am Schluss muss man einfach das machen, womit man sich am besten fühlt.

Erkenntnis Nummer 5: Lieber weniger Projekte

Als wir Biber frisch gekauft haben, hatten wir eine to-do-Liste mit circa 70 Posten drauf. Nun ist ja die Frage, wonach arbeitet man so eine to-do-Liste ab? Sicher nach Priorität. Aber das Boot schwimmt ja, in dem Sinne ist nichts aktuell lebenswichtig. Ich habe oft das Motto verfolgt: mach halt das, was gerade geht. Wenn es draussen zu kalt ist, lackiere halt im Warmen das Holz. Wenn du auf eine Gelcoat-Lieferung wartest, und die wird beschädigt, dann mach halt in der Zwischenzeit die Wasserschläuche neu.

Das Konzept funktioniert gut, nur: wenn es dann warm ist, oder der Gelcoat doch geliefert wurde, sieh zu, dass du nicht zu lange mit deinen Lückenfüller-Projekten rumeierst. Was einmal angefangen wurde, muss schliesslich auch fertig gemacht werden. Von daher: wenn eine Lücke entsteht: vielleicht einfach mal eine Runde aussetzen. Und was die to-do-Liste angeht: aufteilen in «must» und «nice to have». Denn sonst kommt man nie los.

Erkenntnis Nummer 6: Genug von allem kaufen

Nichts ist ärgerlicher, als wenn einem am Ende 100ml Harz fehlen, oder man nochmal losziehen muss, um weitere Pinsel zu kaufen. Oder man bereits die dritte Bestellung für Schleifpapier macht. Solche Verbrauchsmaterialien kann man nie genug haben. Klar, das kostet dann etwas in der Anschaffung, aber das ist immer noch besser, als immer wieder einkaufen zu gehen.

Erkenntnis Nummer 7: Refit ist günstig

Wenn man es schlau anstellt, ist Refit eine günstige Sache. Klar, man braucht viele Chemikalien, Zubehör und verschiedene Maschinen. Aber das meiste behält seinen Wert und ist ja auch nicht nur fürs Boot. Gerade für Farben und Lacke lohnt es sich, etwas mehr zu recherchieren, damit man wegkommt von den Markenprodukten. Denn mit Bootszubehör ist wie mit Babysachen und Hochzeiten: alles, wo «Boot» drauf steht, ist einfach mal per Definition einiges teurer.

Erkenntnis Nummer 8: Refit ist Projektmanagement

Nach dieser ersten Refitsaison weiss ich nun besser, wie ich meine Kräfte und meine Zeit einteilen muss. Klar, auch bei der Lisa haben wir auch extrem viel Refit-Arbeiten gemacht, aber beim Biber fällt noch viel mehr Arbeit an und die Projekte sind untereinander abhängig. Das musste ich erst lernen. Nun weiss ich: besser priorisieren, Abhängigkeiten bedenken, sich weniger vornehmen, und sich helfen lassen. Na, wenn das mal nichts für den Lebenslauf ist!

Erkenntnis Nummer 9: Refit macht Spass

Trotz allem Schweiss, den Schwielen an den Händen, der Verzweiflung, der ein oder anderen Träne: Die Arbeiten machen einfach richtig viel Spass! Es ist die perfekte Kombination aus körperlicher Anstrengung und Kopf benutzen. Ich liebe es, wenn man in einen Flow reinkommt, und man einfach stundenlang so weitermachen könnte… Und plötzlich steht man vor dem, was man geschaffen hat, und ist einfach richtig stolz. Ich freue mich dann über das glänzend lackierte Holz,  ich freue mich bei jedem Regen über die dichten Fenster und dann sage ich mir: ja, das habe ich gemacht. Und das fühlt sich einfach toll an.

Nun, die ersten 8 Monate Refit sind um – aber keine Sorge, es werden noch viele weitere Refit-Winter folgen. Wir sind schlussendlich mit Biber anfangs Juli ins Wasser gegangen. Geplant war ursprünglich mal Ende April. Aber naja, es kommt eben immer alles anders, als man denkt. Und es wäre ja auch kein Abenteuer, wenn man alles vorher wüsste!