Wie steht es um den Bosch GEX 125-150 AVE Professional Tellerschleifer nach 2 Jahren intensiver Nutzung?
Ich habe den Bosch GEX 125-150 AVE Tellerschleifer (Link zum neuen Nachfolgemodell) nun zwei Refit-Saisons intensiv genutzt. Und als das Boot im Wasser war musste er für etliche andere Projekte erhalten. Marc und ich haben ihn genutzt für das Schleifen von Holz, Lack, GFK, Gelcoat und sogar Metall. Und war er sein Geld wert? Würde ich ihn immer noch uneingeschränkt empfehlen? Nun ja, dazu muss ich etwas ausholen…
Alles begann letzte Refit-Saison. Wir haben ihn zum Schäften benutzt. Ja, ein Winkelschleifer mit Fächerscheibe hätte deutlich mehr Abtrag gehabt. Aber ich wollte langsam und kontrolliert vorgehen, um allfällige Schäden im Laminat zu entdecken. Dafür war der Tellerschleifer perfekt. Doch langsam entwickelte sich da ein kratzendes Geräusch, dass ich vorher nicht kannte. Marcs Diagnose war: ein sich anbahnender Lagerschaden. Bei einer neuen und so teuren Maschine? Das kann doch nicht sein! Nun ja, so neu ist sie ja auch nicht mehr. Zwar erst zwei Jahre, aber GFK und Gelcoat sind keine leichte Kost: der Schleifstaub ist fein, abrasiv und fast nicht mehr wegzukriegen.
Marc hat Erfahrungen mit Lagerschäden an Schleifmaschinen. Seine alte grüne Schleifmaschine von Bosch hatte auch einen Lagerschaden. Reparieren konnte er ihn nicht; die Maschine liess sich nicht so wirklich gut zerlegen. Also macht er das, was jeder verantwortungsvolle Heimwerker tun würde: ignorieren und weiter schleifen. Die Maschine verrichtet immer noch ihren Dienst.
Uns beiden war klar, dass wir die Maschine weiter nutzen. Aber jetzt wollten wir doch wissen, was da genau Geräusche macht. Wir entschieden uns die Maschine zu zerlegen. Schliesslich wollen wir kein Produkt empfehlen, hinter dem wir nicht zu 100% stehen.
Zerlegen
Die Maschine besitzt 3 Lager:
- das exzentrische Lager für den Teller: es sorgt dafür, dass sich der Teller frei dreht
- Das untere Motorlager / Hauptlager im Lüfterrad: hier vermuten wir den Schaden
- Das obere Motorlager: ganz klein, dieses Lager nimmt nur wenige Kräfte auf
Um ans untere Motorlager zu kommen muss das exzentrische Lager des Tellers nicht entfernt werden! Es reicht, wenn der Teller selber ab ist. Man beginnt stattdessen oben und entfernt mit zwei Schrauben den Deckel der Maschine. Hier schon die erste positive Überraschung: nicht nur lassen sich jetzt einfach die Kohlenbürsten inspizieren und wechseln, es lässt sich jetzt auch problemlos der ganze Rotor mit Druckluft von Staub und Dreck befreien. Von aussen bekommt man typischerweise durch die Lüftungsschlitze nicht alles weg.
Als nächstes löst man alle Schrauben, welche die beiden Gehäuseteile miteinander verbinden. Die nächste positive Überraschung: alle Schrauben einer Baugruppe (z.B. alle Schrauben, welche die Seitenteile verbinden) sind gleich lang. Das ist natürlich primär aus Kostengründen so. Für uns hat es aber den positiven Nebeneffekt, dass wir uns nicht merken müssen, wo welche Schraube hingehört. Da haben wir schon ganz anderes gesehen…
Entfernt man die beiden Gehäusehälften erhält man einen Blick auf die Elektrik. Ein für uns positiver Punkt, den wir schon bei der Bedienung bemerkt hatten, bestätigt sich: der Schalter zur Bedienung der Maschine ist massiv und von guter Qualität. Zarte schwache Schalter sind an solchen grossen Maschinen, die gerne mit Kraft gehalten werden, fehl am Platz. Viel zu oft gehen diese kaputt. Auch die Verkabelung ist sauber ausgeführt und alle Kabel gegen Vibrationen gesichert. Die Dämpfer, welche den Motor im Gehäuse halten und die Schwingungen aufnehmen, sind simple Quader aus einem schaumstoffähnlichen Material. Simple Quader bedeutet, dass man diese selber ganz einfach herstellen und ersetzen kann, sollten sie in ferner Zukunft als Ersatzteil mal nicht mehr erhältlich sein.
Den Rotor mit Lüfterrad entfernt man anschliessend aus dem Gehäuse. Dazu unter dem zuvor entfernten Teller den Staubschutz abschrauben. Anschliessend das Lüfterrad entfernen. Dieses ist auf den Rotor aufgeschraubt. ACHTUNG: Linksgewinde. Lösen also im Uhrzeigersinn. Jetzt kann der Rotor entfernt werden. Das Lager ist jetzt sichtbar.
Das Lager wird durch zwei Schrauben in Position gehalten. Diese sind aber nur eine Sicherung. Das Lager selbst ist eingepresst. Nächster positive Punkt: kein Schrauben mit Sicherheitskopf, sondern reguläre Torx-Schrauben. Allerdings lassen sich Torx-Schrauben nicht mehr schön lösen, wenn ihre Aufnahme verschmutzt ist. Diese müssen also zuerst vom Schleifstaub befreit werden. Marcs Lieblingswerkzeug hilft dabei: ein Scaler aus einem Dental-Werkzeug-Set. Super praktisch in der Werkstatt!
Nächster positiver Punkt: die Lager sind überall so eingesetzt, dass die oft einseitige Beschriftung ohne Ausbau sichtbar ist. So müssen Lager nicht zuerst ausgebaut – und potentiell beschädigt – werden, bevor klar ist, was man als Ersatz bestellen muss. Ein schönes Detail.
Das Lager selber lässt sich einfach auspressen. Aber nicht mit dem Hammer! Stattdessen eine Nuss nehmen, die sich aufs Lager (den äusseren Ring) setzen lässt und gerade noch etwas Luft hat. Anschliessend im Schraubstock einspannen und auf die Nuss drücken, bis das Lager ganz ausgedrückt ist. So wird das Lager gerade ausgetrieben und verkantet sich nicht. Letzteres würde den Lagersitz beschädigen.
Beim Lager handelt es sich um ein Rillenkugellager der Bezeichnung 6002-2RZ. 6002 bezeichnet die Grösse und 2RZ die Art der Abdichtung. In diesem Fall beidseitige reibungsarme Kunstoffdichtung. Und in reibungsarm liegt das Problem begraben: die reibungsarmen Dichtungen liegen nicht ganz so satt auf, so dass feinste Partikel ihren Weg ins Lager finden können. 2RS Lager sind besser abgedichtet, haben aber eine höhere Reibung.
Nach Entfernen der Kunststoffdichtung ein Blick ins Innere: alles voller feinstem, weissem Gelcoat-Staub. Staub, den wir auch an etlichen anderen Stellen in der Maschine gefunden hatten. Wohlbemerkt: das Gelcoat-Schleifen mit 2500 und 5000er Körnung passierte vorvorletzte Refit-Saison. Dies zeigt, wie hartnäckig dieser feinste Schleifstaub ist, und dass er den Weg in die kleinste Rille findet.
Wir können nur mutmassen warum ein besser abgedichtetes Lager hier nicht erste Wahl gewesen ist. Wir ersetzen das Lager mit dem SKF 6002-2RSL. Hierbei handelt es sich um die „low friction“ Variante eines 2RS Lagers. Im Prinzip also eine RZ-Dichtung. Der Hersteller wirbt aber damit, dass seine Variante trotz allem besser abdichtet. Hoffen wir’s! Damit haben wir einen passenden, qualitativ gleichwertigen – wenn nicht sogar besseren – Ersatz gefunden und bauen die Maschine in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammen. Wohlgemerkt: das alte Lager hätte es locker noch einige Jahre mitgemacht. Aber wenn wir uns schon die Arbeit gemacht haben, ersetzen wir es auch gleich. Kostet ja so gut wie nichts!
Wir haben übrigens gleich 2 Stück bestellt…
Fazit
Die Reparatur war nicht dringend, aber bestimmt irgendwann angezeigt gewesen. Lager verschleissen. Und bei harten Arbeitsbedingungen früher als einem lieb ist. Dass uns das nach 2 Jahren mit viel Schleifen passiert ist werten wir nicht negativ, auch wenn es sehr ärgerlich ist. Zu gut wissen wir, wie undankbar Glasfaser- und Gelcoatschleifstaub ist. Viel wichtiger werten wir, dass wir besagtes Lager für wenig Geld beziehen und in gut 15 Minuten ohne die Maschine wirklich zu kennen wechseln konnten. Natürlich ist eine Schleifmaschine kein Hexenwerk. Aber auch bei einfachen Maschinen gibt es Hersteller, die einem eine Reparatur mit allen Mitteln erschweren wollen: Sicherheitsschrauben, geklippste Gehäuse, unnötig komplizierte Kabelführung und und und. Nicht so hier.
Der Bosch GEX 125-150 AVE Tellerschleifer (Link zum neuen Nachfolgemodell) hat sein Gewicht, lässt sich für uns aber dadurch gezielt und kontrolliert führen. Die unterschiedlich grossen Teller sind super praktisch, die Staubabsaugung überzeugt und der mitgelieferte Koffer verstaut alles mitsamt reichlich Schleifpapier. Und dieser hochwertige Eindruck bestätigte sich jetzt für uns auch hinsichtlich Wartungsfreundlichkeit. Lager gehen kaputt. Je nach Einsatz nach 2 Monaten oder nach 20 Jahren. Wichtiger ist, dass der Wechsel einfach und schmerzfrei möglich ist. Hier ist er das.
Alternativen
In letzter Zeit haben wir für gewisse Schleifarbeiten immer öfter den Winkelschleifer im Einsatz. Dieser trägt mit Fächerscheibe deutlich mehr Material ab, hinterlässt aber eine sehr unebene Oberfläche. Für alles im Sichtbereich die falsche Wahl, man würde sich zu Tode spachteln. Ausser man gibt etwas mehr Geld aus und wählt ein Gerät mit Drehlzahlregelung. Damit gelingt es deutlich besser, erfordert aber immer noch etwas Übung.
Für Arbeiten in der Backskiste oder Anschäften reicht aber auch ein Winkelschleifer ohne Drehzahlregelung. Damit ist das Schleifen deutlich zeitsparender. Wichtig: Absaughaube mit Bürstenkranz dazukaufen (auch als Universalmodell erhältlich). Ansonsten ist das ganze Boot innert weniger Minuten voller Staub. Fragt mich nicht, warum ich das weiss…