Wir bauen einen neuen Motor, einen Vetus M2.18,  in unser Segelboot ein. Aber bevor das passieren kann, müssen wir die Wellenanlage komplett neu machen. Das heisst: Wir bauchen ein neues Stevenrohr ins Boot ein, inkl. Schwanzlager, äusserem und innerem Flansch.

Nicht jeder, der einen neuen Motor einbaut, braucht auch ein neues Stevenrohr. Warum also wir?

Das ungewöhnliche ist, dass unser alter Wickström-Motor fest mit dem Rumpf verschraubt war und nicht, wie heute üblich, flexibel gelagert mit Gummifüssen. Das macht man heutzutage so, da viel weniger Vibrationen aufs Schiff übertragen werden und es insgesamt leiser und komfortabler ist. Unser neuer Motor ist also flexibel gelagert, der alte war fix gelagert. Bei einem fix gelagerten Motor ist die Wellenanlage auch fix gelagert, das heisst die Welle läuft in einem relativ engen Stevenrohr und hat vorne und hinten ein Lager. Das ist auch okay, denn bei einem fest verschraubten Motor bewegt sich ja die Welle nicht grossartig.

Bei einem modernen Motor mit flexibler Lagerung, also mit Gummifüssen, sieht die Sache aber anders aus. Schliesslich macht die Welle ja das, was der Motor macht. Der Motor vibriert so viel stärker in sich, und hätte man eine fix gelagerte Welle, könnte die Welle sich im Stevenrohr nicht ausreichend bewegen und das ganze System würde extrem leiden und früher oder später kaputt gehen. Daher benötigt man für einen flexibel gelagerten Motor auch eine flexible Wellenanlage.

Alternativ kann man ein Gleichlaufgelenk wie zum Beispiel einen Python Drive oder einen VDR verbauen, der dann die Schwingungen vom Motor nicht auf die Wellenanlage überträgt, wohl aber die Drehung. So ein homokinetisches Gelenk hat auch den Vorteil, dass unterschiedliche Winkel zwischen Wellenanlage und Motor ausgeglichen werden können – ein Problem, dass uns hier nicht betrifft, das aber bei vielen Leuten auftritt. Also, gut möglich, dass bei eurem Motorenaustausch der Einbau von einem Gleichlaufgelenk die Probleme schon behebt. Leider haben wir bei uns an Bord keinen Platz für sowas.

Da wir sowieso schon Platzprobleme am Niedergang haben und der Motor dann noch weiter nach vorne käme als sowieso schon, bleibt für uns nur eine Option: Wir müssen eine neue, flexibel gelagerte Wellenanlage einbauen. Das bedeutet ein Stevenrohr, das nur hinten ein flexibles Gummilager hat und vom Durchmesser her etwas grösser ist, damit die Welle gut schwingen kann.

Stevenrohre werde nicht immer gerade eingebaut sondern oft etwas schräg

Oft hat das einen simplen Grund: bei einem Langkieler oder einem Boot mit Skeg kann man sonst die Welle nicht nach hinten rausziehen, weil man damit irgendwo anstösst. Obwohl unser Stevenrohr schräg eingebaut war, kamen wir mit der Welle nicht am Skeg vorbei, aber das nur am Rande.

Wenn man ein Stevenrohr schräg einbaut, dann passieren seltsame Dinge mit dem Radeffekt. Der ja an sich eh schon nerven kann. Je nachdem, wie das Stevenrohr eingebaut wird, kann man den Radeffekt verringern oder verstärken. Das hängt ganz davon ab, in welche Richtung der Motor dreht. Früher hat man Stevenrohre ganz gerne schräg eingebaut, gerade bei Langkielern, einfach auch um den Radeffekt zu verringern. Das Problem ist dann natürlich, wenn man einen neuen Motor bekommt und der dreht in die andere Richtung als der alte, dann wird der Radeffekt verdoppelt. Und das will ja schliesslich keiner haben, denn dann wird jegliches Rückwärtsfahren zur absoluten Qual. Und das ist bei uns der Fall. Leider hängt aber der Radeffekt noch von vielen anderen Faktoren ab, wie zum Beispiel auch der Rumpfform und der Kielform und es ist ingesamt ein sehr, sehr komplexes System.

Wir können also nur mutmassen, was passieren würde, wenn wir die neue Wellenanlage sozusagen genau spiegelverkehrt einbauen würden, also auch wieder schräg. Das sind uns zu viele Unbekannte. Hinzu kommt: Eigentlich mögen einen Radeffekt. Wenn man weiss wie er funktioniert und wie man ihn sich zunutze machen kann, dann kann der ja An- und Ablegen wirklich auch viel, viel leichter machen. Von dem her haben wir beschlossen:

Statt die Wellenanlage wieder schräg einzubauen, einfach spiegelverkehrt, bauen wir sie genau mittig im Schiff ein.

Jetzt aber mal Schluss mit Theorie! Im Video seht ihr den kompletten Einbau: