Um ein Loch in einem GFK-Rumpf korrekt zu reparieren wird das fehlende Laminat frisch aufgebaut. Egal ob Schadstelle oder Verschliessen eines nicht mehr benötigten Seeventils. Dafür wird der Rumpf um das Loch angeschäftet und neues Glasfasergelege bis zum Erreichen der erforderlichen Rumpfstärke aufgelegt.

Anschäftung der GFK-Schadstelle

Um die Schadstelle herum wird das Laminat angeschäftet (Vis.: Philipp Hadamovsky)

Um die Schäftung aufzufüllen bedarf es zuerst einem Stück Glasfasergewebe, dass minim grösser ist als das eigentliche Loch und dann in regelmässigen Abständen grösser werdende Stücke, bis zum letzten, dass die komplette Fläche der Schäftung ausfüllt. Intuitiv entspräche dies auch der Reihenfolge des Auflegens: zuerst das kleinste, um das Loch zu verschliessen, und dann immer grösser werdend bis zum letzten, dass alles überdeckt. Diese Reihenfolge der Lagen ist allerdings nicht zwangsläufig korrekt und hält sich auch bei Fachleuten hartnäckig. Nachfolgend will ich erläutern, was Vor- und Nachteile der beiden Varianten (gross zu klein und klein zu gross) sind.

Die Matten werden auf die Schadstelle gelegt

Bei vielen Refittern und Bootsbastlern die gängige Methode: Die Matten werden auf die Schadstelle gelegt; die kleinste Matte zuerst und immer grösser werdend.(Vis.: Philipp Hadamovsky)

GFK-Reparatur: grösste Matte zuerst

Die alternative Methode: Die Matten werden auf die Schadstelle gelegt; die grösste Matte zuerst und immer kleiner werdend. (Vis.: Philipp Hadamovsky)

Wir gehen davon aus, dass wir einen Polyesterrumpf mit Epoxidharz und Glasfasergewebe reparieren. Grundsätzlich müssen wir uns dabei im Klaren sein, dass die Reparaturstelle bei gleicher Dicke wohl selbst bei stümperhaftem Arbeiten mitsamt Lufteinschlüssen, der gelegentlich eingeharzten Fliege und ohne Temperung in ihrer Belastbarkeit dem bestehenden 50 Jahre alten Rumpf überlegen sein wird. Das trifft auch auf die Klebestelle – die Verbindung von neuem und altem Laminat – zu. Weil es sich hier um eine Klebestelle handelt empfehle ich explizit das Arbeiten mit Epoxidharz. Die Klebeeigenschaften von Polyesterharz sind nämlich deutlich schlechter als jene von Epoxidharz. Oder vereinfacht ausgedrückt: Polyesterharz ist kein Kleber, Epoxidharz schon. Allerdings findet man beispielweise auf YouTube viele Experimente, die beide Klebeverbindungen vergleichen: man kriegt auch mit Polyester eine Verbindung hin, die fürs allermeiste reichen würde. Aber wer will an seinem Boot schon ein Risiko eingehen… Gerade wenn die Arbeitsbedingungen nicht optimal sind! Darum: Epoxidharz fürs Verschliessen von Löchern im Rumpf. Vor allem unter der Wasserlinie, da Epoxid wasserbeständiger ist als Polyester (Stichwort: Osmose).

Festigkeit der Verklebung

Die oft aufgeführten Argumente für ein Arbeiten von klein nach gross (zuerst mit dem kleinsten Stück das Loch verschliessen; aussen kommt zuletzt das grösste Stück hin) sind die vielen einzelnen Klebeverbindungen, die jede Laminatschicht mit dem Rumpf verbinden. Das erscheint auch logisch und nachvollziehbar. Ansonsten hängt ja die ganze Reparaturstelle an der ersten, grossen Lage, welche die ganze Schäftung überdeckt. Und wenn die nicht hält, au weia! Allerdings legen wir idealerweise nass in nass (= jede neue Lage wird auf die noch feuchte und nicht durchgehärtete vorherige Lage gelegt). Wir können darum bei Epoxidharz das Gelege als einen Körper betrachten: eher wird die Klebestelle zwischen Epoxidgelege und Polyesterrumpf versagen als das Epoxidgelege in sich. Somit spielt es keine Rolle, ob eine grosse Lage oder die Ränder vieler einzelner Lagen direkten Kontakt mit dem Polyesterrumpf haben: in jedem Fall ist die Vorbereitung der Klebefläche das A und O für eine erfolgreiche Verbindung.

Praktische Aspekte

Die korrekte Vorbereitung des Polyesterrumpfs – Aufrauhen, Entfetten und Primern– sorgt für eine bestmögliche Klebeverbindung. Hier zeigt sich ein rein praktischer Vorteil, wenn die grösste Lage zuerst gelegt wird: das grosse Stück Glasfasergewebe liegt, ist entlüftet und das Wichtigste in einem Arbeitsgang erledigt. Diese Verbindung ist zentral; alles was jetzt noch kommt hält sowieso besser. Dem gegenüber steht ständiges verschmieren und bekleckern der noch nicht beklebten Schäftung, wenn immer grösser werdend Lage um Lage aufgebracht wird. Und mit jedem Entlüften verrutscht die darunterliegende Schicht – da nur eine kleine Haftfläche. Im schlimmsten Fall so weit, dass die erste Lage nicht mehr ganz über dem Loch liegt. Muss nicht sein. Selbst beim Aufbringen mit der Plastikfolien-Methode (die Lagen auf einer Baufolie vortränken, stapeln, entlüften und dann an den Rumpf klatschen) verrutschen die untersten, kleinsten Schichten gerne.

Wer bereits kopfüber laminiert hat kennt es: die erste Lage hält oft nicht sehr gut und löst sich ab. Fängt man mit der kleinsten Lage an überlappt diese – je nach Dicke des Glasfasergewebes/geleges und somit Anzahl Lagen bei gegebener Rumpfstärke – das Loch nur minimal. Diese wird sich also eher lösen und den Weg ins eigene Gesicht finden.

Bei schwierigen Formen kann es zudem einfacher seine eine grosse Lage in Form zu ziehen. Die kleinsten Lagen zuäusserst können im Gegenzug flexibel positioniert und verschoben werden, um Unebenheiten und Täler auszugleichen. Das erleichtert anschliessende Spachtel- und Schleifarbeit.

Glasmatten und Harz auf Folie bereit machen

Die Glasmatten werden auf der Folie in Harz getränkt und geschichtet.

Glasfaser mithilfe einer Plastikfolie aufbringen

Mehrere getränkte Matten werden mithilfe einer Plastikfolie aufgebracht. Das spart mühsames stückchenweises Auftragen; besonders bei Überkopf-Arbeiten ein Segen!

Entlüften

Auch beim Entlüften ergeben sich Vorteile: jede Lage sollte vorsichtig entlüftet werden. Liegt darunter eine kleinere Lage kann es gerne passieren, dass die Luftblasen auf dem Weg zum Rand versehentlich unter die kleinere Lage gedrückt wird. Liegt eine grössere Lage darunter erreicht die Luftblase zuerst den Rand der kleinen oberen Lage und entweicht.

Die korrekte Art ein Loch zu flicken

Die korrekte Art ein Loch zu flicken: Loch anschäften, grösste Matte zuerst, dann immer kleinere Matten. Zum Schluss Abreissgewebe (türkis), das hilft zusätzlich beim Entlüften und hinterlässt eine Oberfläche, die vor dem Weiterarbeiten nicht angeschliffen werden muss. (Vis.: Philipp Hadamovsky)

Schleifen und Verletzen der Lagen

Auch wenn wie vorgängig erwähnt die Epoxidmatrix als eine Einheit zu betrachten ist kommt die Festigkeit eines Verbundwerkstoffes durch das Zusammenspiel beider Akteure zustande: Harz und Faser. Die grösste Lage vermag entsprechend Kraft über die grösste Fläche aufzunehmen und abzugeben. Darum ist sie für die Reparaturstelle auch am wichtigsten. Zum Vergleich: stellen wir uns ein 1×1 Meter grosses Stück Epoxidharzlaminat aus nur einer Lage Glasfasergewebe vor. Ist dieses aus einer einzelnen Lage Glasfasergewebe gefertigt wird sie stärker sein als wenn wir sie aus vielen hunderten einzelner Verschnittstücke zusammenkleben. Eine durchgängige Faser ist immer stärker als aneinandergeklebte Einzelstücke.

Was kommt nach erfolgtem Verschliessen des Lochs? Richtig, die Freunde jedes Bootsbesitzers: Spachtelmasse und Schleifmaschine. Was dabei unvermeidbar passiert: die oberste Schicht Laminat wird angeschliffen und die Fasern verletzt. Hier zeigt sich sofort das Problem: ist die grösste Lage auch die äusserste wird sie durch die Schleifarbeiten zwangsläufig verletzt oder stellenweise sogar komplett durchgeschliffen. Festigkeit geht unweigerlich verloren.

Schleifen beschädigt die oberste Schicht

Schleifen beschädigt die oberste, grösste Matte. (Vis.: Philipp Hadamovsky)

Legt man die grösste Lage zuunterst und die kleinste zuoberst verletzt man maximal den äusseren Rand jeder einzelnen Lage. Die längsten Fasern, welche die ganze Reparaturstelle überspannen und für die Festigkeit über die ganze Fläche sorgen, bleiben unversehrt.

GFK-Reparatur: grösste Matte zuerst

Bei dieser Variante werden beim Schleifen nur die äusseren Ränder jeder einzelnen Lage verletzt; das ist besser als wenn eine ganze Matte beschädigt wird (und dazu noch die grösste). (Vis.: Philipp Hadamovsky)

Ausnahmen

Wie bei allem gibt es auch Ausnahmen: manchmal sind sie rein praktisch bedingt und es ist einfacher, ein Loch mit dem kleinsten Stück zuerst zu verschliessen, zum Beispiel wenn man ein Loch nahe einer Ecke repariert und die Schäftung nicht tief genug ausführen kann: einige kleine Lagen im Loch können Höhenunterschiede ausgleichen, bevor dann doch wieder die grösste Lage vor den kleineren kommt. Gleiches gilt, wenn sich aufgrund komplexer Formen das Gewebe schlecht drapieren lässt.

Eine ganz dünne, letzte Schicht aus Atlas / Satin Gewebe über die ganze Reparaturstelle kann das Oberflächenfinish verbessern. Diese Schicht dient aber lediglich dem Finish und sollte nicht als struktureller Bestandteil verstanden werden.

Wichtig ist sich immer zu überlegen welche Lage die wichtigste für eine Reparaturstelle ist, und wie man diese möglichst flächig mit dem alten Laminat verbinden kann und in darauffolgenden Arbeitsschritten nicht beschädigt.

Eine weitere ganze wichtige Ausnahme sind Reparaturen bei komplexen, multiaxialen Gelegen. Eine Polyestermatrix besteht typischerweise aus Harz und Glasfasermatten. Diese Matten besitzen keine direktionale Faserausrichtung. Die Fasern sind wild durcheinander und nehmen Kraft laminar in alle Richtungen gleichermassen auf. Bei modernen Kompositwerkstoffen kommen aber immer öfter computerberechnete Gelege zum Zug: jede Faser hat eine genau berechnete Richtung und Funktion. Sowas zu reparieren übersteigt meinen Horizont bei weitem; welche Lage zuerst kommt ist dabei nämlich noch das kleinste Problem. Zum Glück hat mein alter Kahn dieses Hightech noch nicht.