Dieser Blogpost handelt von meiner Atlantikreise mit der SY Lisa und wurde vom alten Blog (sy-lisa.ch) übernommen.

Wir müssen über Nacht fahren, um von den Turks and Caicos Islands die Bahamas zu erreichen. Um 23 Uhr, nach ein paar Stunden dösen, lichten wir den Anker und dümpeln langsam, ganz langsam, Richtung Mayaguana. Der Wind ist schwach und es gibt keinen Schwell, sodass man beim Schlafen fast den Eindruck hat, man sei vor Anker. Gegen Morgen wird der Wind stärker, sodass wir fast 5 kn Fahrt machen. Gegen Mittag zieht auf einmal etwas an der Angel – ein wunderschöner, riesig grosser Mahi-Mahi, der uns leider beim Rausholen entwischt. Das wäre sicher ein leckeres Essen gewesen.

Die letzten 4 Meilen müssen wir uns wieder mal durch eine Rifflandschaft kämpfen; das heisst, einer vorne im Bugkorb und der andere am Steuer. Man könnte auch direkt an der Einfahrt durchs Riff ankern, aber wir wollen näher an der Stadt sein. Welche Stadt, fragen wir uns, als wir an Land sind. Das Dörfchen mit 10 Häuschen, ungepflasterten Strassen, viel Müll im Gebüsch, mit der “best bar in town” (sieht aus wie ein Bierkeller im Ruhrpott, dem das Bier ausgegangen ist), ist nicht so ansprechend, dass wir das Gefühl hätten, nochmal wiederkommen zu müssen. Nach dem Einklarieren, was uns wieder 300 Dollar kostet, fahren wir wieder zurück an Bord, mit der Hoffnung, dass der Rest der Bahamas dann schöner wird.
Am nächsten Tag warten wir auf gutes Licht und verholen dann in die Nähe vom Riffausgang, damit wir nach Sonnenuntergang sicher aus der Bucht kommen. Denn es erwartet uns mal wieder eine Nachtfahrt. Nächster Stopp ist Acklins Island. Das Problem ist, dass die Inseln weit auseinander sind, und man beim Ankern die Sonne im Rücken haben möchte, damit man die Korallen gut sieht. Daher ist morgens losfahren keine Option, da wir nicht rechtzeitig ankommen würden. Also legen wir wieder gegen 23 Uhr ab, und ankern fast 14 Stunden später in der Attwood Bay. Auf der Fahrt ist uns leider die Aufhängung vom elektronischen Autopiloten gebrochen, sodass wir die letzten 3 Stunden von Hand steuern mussten, denn bei Windstille kann die Windsteueranlage den Kurs nicht halten. Das ist nervig, und wir sind froh, endlich anzukommen. In der Attwood Bay ist es fast “voll”, ausser uns und der Paroya sind noch 3 andere Boote da.
Abends machen wir am Strand Lagerfeuer mit Würstchen und Stockbrot, aber es gibt hier so viele Sandflöhe, dass einem echt der Spass vergeht! Und was auch auffällig ist, ist der ganze Müll hier am Strand. Normalerweise ankert man in Lee der Insel, aber auf den Bahamas gibt es viele Ankerplätze in Luv, die durch ein vorgelagertes Riff geschützt sind. Der ganze Plastikmüll, und natürlich die Algen, werden also hier an der Luvseite an den Strand gespült.
Die Nacht ist unruhig mit viel Regen und Gewittern. Und der Wind soll auf Nord drehen, also müssen wir schon am nächsten Tag gleich weiter, da diese Bucht nach Norden hin offen ist. Gegen 17 Uhr, nach 7 Stunden Fahrt, ankern wir südlich von Pittstown auf der Westseite von Crooked Island. Hier liegen wir recht geschützt gegen den angesagten Nord- und Ostwind. An sich wäre das hier bestimmt eine traumhaft schöne Bucht, aber der Schwell mogelt sich um die Insel, und dazu regnet und windet es auch noch permanent. Und die Sandfloh-Bisse von unserem Grillabend rauben uns den letzten Nerv!
Der nächste Tag geht regnerisch weiter, und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis das Tief durch ist. Über die letzten Monate haben wir ganz vergessen, wie sich schlechtes Wetter anfühlt! Wenn wir mal Regen hatten, dann höchstes für eine halbe Stunde. Es regnet in Strömen, eigentlich ohne Unterbrechung. Seit Ankunft in der Karibk kochen wir den ersten Tee und verziehen uns für einen Fernseh-Tag wieder zurück ins Bett. Nachmittags kommt Yannick vorbei und gegen Abend auch Patrizia und Roger und wir essen, passend zum Ekelwetter, Käsefondue mit frisch gebackenem Brot!
Am nächsten Tag regnet es immer noch. In einer kleinen Regenpause warten wir den Aussenborder und wechseln das Öl, aber das wars dann auch schon. Abends gehen wir zum Pizza-Essen und Spiele-Spielen auf die “Paroya” und machen Pläne, wie es weitergehen soll. Am kommenden Tag ist kein Regen angesagt, also planen wir, nach Clarence Town auf Long Island weiterzufahren. Dort soll es ein Dörfchen, und sogar eine Bar geben. Mal ein paar neue Menschen sehen, das wünschen wir uns. Einsamkeit ist ja schön und gut, aber in der letzten Zeit war das doch ein bisschen viel des Guten.
Um 7:30 legen wir ab, merken aber gegen Mittag, dass wir es nicht rechtzeitig bis Clarence Town schaffen werden, und laufen so die Little Bay 10 Meilen weiter südlich an. Nach einer aufregenden Einfahrt in die Bucht (links und rechts dicke Brecher und ordentlich Schwell in der Einfahrt!) droppen wir um 15 Uhr den Anker. Weder die Tiefenangaben in der Karte noch in unserem Revierführer stimmen – beim Schnorcheln am Anker sehen wir, dass etwas weiter vorne das Wasser noch 1.50 Meter tief ist. Also machen wir noch einen Heckanker, damit wir nicht, falls der Wind dreht, auf Grund laufen. Wir schwimmen mal an den Strand, denn seit Mayaguana haben wir keinen Fuss mehr an Land gesetzt, aber auch hier ist wieder viel Müll. Auch die Crew der Paroya ist ziemlich ernüchtert, und wir überlegen am Abend erneut, wie wir wohl weitermachen. Wir entschliessen uns, am nächsten Tag nach Rum Cay weiterzufahren. Das bedeutet wieder einen ganzen Tag Segeln, aber da gibt es wohl einen netten Ort und gute Schnorchelmöglichkeiten.

Am nächsten Morgen um 6:30 ist die Ausfahrt noch spannender als die Einfahrt am vorherigen Tag. Die Welle und Strömung gegenan, da machen wir nur noch ein paar Knoten Fahrt in der Ausfahrt. Die Segelkonditionen scheinen uns zunächst perfekt, 15 kn aus Südost. Innert kürzester Zeit ist der Wind aber in Böen fast 30 kn stark, also reffen wir Gross und Genua und fahren im Schnitt 7 kn. Um 9 Uhr schlägt Roger vor, statt Rum Cay lieber in den Nord-Westen von Long Island zu fahren. Denn die Bucht, die wir uns auf Rum Cay ausgesucht hatten, ist nach Südosten hin offen. Wir merken wirklich, dass wir nicht mehr im Passatgürtel fahren! Man kann sich eben nicht mehr darauf verlassen, dass der Wind aus Ost kommt, und der Wetterbericht stimmt auch selten, sodass die Planung extrem schwierig ist. Also ändern wir unseren Kurs und fahren Richtung Calabash Bay. Am Anfang laufen wir mit 6 kn Richtung Ziel, aber so schnell, wie der Wind gekommen ist geht er auch wieder, sodass wir erst den Spi setzen und dann noch die letzten 3 Stunden motoren müssen. Mit der letzten Sonne schaffen wir es in die Calabash Bay im Nordwesten der Insel. Der harte Segeltag wird gerettet durch 4 Delfine, die uns in die Ankerbucht begleiten, und durch den wunderbaren Sandboden, auf dem wir ankern. Morgen wollen wir dann an Land und mal den schönen Strand erkunden und vielleicht das Internet von dem Hotel in der Bucht anzapfen, denken wir uns. Hier bleiben wir erstmal ein paar Tage!

Aber es kommt natürlich anders. Nachts geht mal wieder die Post ab, und wie! Es gewittert ohne Pause und der Wind dreht um 180 Grad auf Südwest, sodass die Welle genau in die am Abend noch so ruhige Ankerbucht steht. Der freie Fall im eigenen Bett erinnert uns an unsere Zeit auf Saba, aber da hat es wenigstens nicht geblitzt! Der Anker hält zwar, ist aber ja falschrum eingefahren. Max schmeisst also noch den Zweitanker rein und baut den Blitzableiter dran, während Marie alle wichtigen elektronischen Geräte in den Backofen räumt. Und das alles um 2 Uhr morgens! Die Welle ist bestimmt einen Meter hoch und wenn die Lisa runterfällt, knallt es ordentlich. Ein paar Mal springt auch noch die Ankerkralle aus der Bugrolle, und wie wir morgens erfahren, hat sich die Ankerkralle der Paroya so verbogen, dass die restliche Kette einfach über die Ankerrolle gesprungen ist und sich abgerollt hat.

Am nächsten Morgen ist die Welt eine ganz andere! NULL Wind, NULL Welle, man würde gar nicht glauben, was letzte Nacht hier los war. Aber wir haben keine Lust, dass so etwas nochmal passiert. Wir wollen endlich mal wieder eine Ankerbucht, die von mehr als einer Seite geschützt ist.

Also fahren wir schon früher als geplant weiter nach Georgetown auf den Exumas.
Die Exumas sollen ja ein Seglerparadies sein, hoffentlich stimmt das auch.